Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!

Diesmal zog es uns nach Berlin. Und hier erlebten wir die gelungene Adaption des Kinofilms „Willkommen bei den Hartmanns!“. – Eine Komödie, die aktueller nicht sein könnte. Denn die Hartmanns entschließen sich, einen Flüchtling aufzunehmen. Diallo. Und Diallo stellt völlig zu Recht fest: „Familie Hartmann sehr verwirrt!“ Er fragt sich, warum man hier auf einem „Fließband“ läuft anstatt einfach raus zu gehen, weshalb Liebe „nicht so einfach“ ist und warum „Mann“ nicht zu Hause ist, wenn man doch zueinander gehört.  – Aber auch sonst hält uns die Komödie mit ihrem durchaus ernsten Hintergrund immer und immer wieder den Spiegel vor unser Gesicht. Und ich muss ein bisschen schmunzeln, als ich in Berlin  – Lichterfelde einem adrett gekleideten Herrn dabei zuschaue, wie er im Garten seines  Anwesens als Teil einer ganzen Neubau – Reihenhaus – Kolonie steht und mit einer elektrischen Kantenschere seinen Rasen perfektioniert. Er gibt ihm buchstäblich den allerletzten Schliff. An einem Sonntag. – Natürlich! Man kommt ja sonst zu nichts. Es ist ein Tag, an dem ich mich nicht nur bestätigt sehe, dass ich (noch) nicht zu den letzten verbliebenen Spießern zähle, die dieses Land hervorbringt. Ich stelle auch fest, dass mir mit einer elektrischen Rasenkantenschere sogar das Equipment fehlt, um dieses Bild zu komplettieren. Feststeht, dass man diesen Zeitgenossen ohne weiteres eins zu eins zu den Hartmanns auf die Bühne hätte stellen können.

Das Ganze in Berlin zu bestaunen scheint mir irgendwie folgerichtig, als ich an den Resten der Berliner Mauer vorbeiflaniere. Der Titel „East – Side – Gallery“ wirkt harmlos, wenn ich bedenke, wie viele Menschen an dieser Mauer zu Tode gekommen sind. Durch das Brandenburger Tor geht es kaum ohne Gänsehaut, und doch sind es heute nach wie vor Grenzen, die unsere Asylpolitik prägen. Diesmal also die sogenannten EU-Außengrenzen. Wen lässt man rein? Wen lässt man drin? Wer ist qualifiziert genug, um sie oder ihn sogar gezielt anzuwerben? Apropos qualifiziert genug. – Diallo ist auch ein begnadeter Handwerker und repariert bei den Hartmanns so ziemlich alles, was offenkundig über Jahre hinweg schlicht als kaputt akzeptiert wurde. Das kann ich auch gut. Nicht das reparieren. Aber das akzeptieren von kaputten Dingen.

Aber Berlin hat noch so viel mehr zu bieten, dass es einen fast zu erschlagen scheint. Im Reichstag gibt es tatsächlich noch eine Wand mit russischen Inschriften wütender Soldaten nach der Einnahme Berlins 1945. Zum Teil nicht jugendfrei, weshalb der russische Botschafter bei einem Besuch um Entfernung aus Rücksicht auf künftige Staatsgäste bat. Bei der Entgegnung der Bundesregierung, auch dies sei Teil deutscher Geschichte wusste man von russischer Seite in Erinnerung zu bringen, dass auch von dort die deutsche Wiedervereinigung möglich gemacht wurde. Also wurden die besagten Schmäh – Sprüche schließlich einsichtig entfernt, soweit sie als nicht jugendfrei oder unfletig identifiziert wurden. So ist die Wand nun an manchen Stellen glatt.

Nachts waren große Gebäude bunt illuminiert, und in Szene gesetzt. Da macht man sich gern nach dem Theater noch einmal auf dem Weg zum Berliner Dom, der in buntem Lichterglanz plötzlich wirkt, wie eine Riesenschmuckdose mit Kuppeldach. Eine tatsächlich bunte Stadt. Aber neben all dem – natürlich auch der Gedächtniskirche – fanden wir dann das Stasi – Museum, und ich erinnere mich an die Komödie „Good Bye Lenin“. Es ist verrückt, wozu Menschen im Stande sind. Da wurden fremde Briefe geöffnet, Menschen abgehört, denunziert und verunglimpft, und all das ist, finde ich, noch gar nicht soooo lange her! Und was man da an Informationen zu sammeln hatte. Es ist sicher nicht lustig, aber ich finde wirklich, das muss Verwaltung am Limit gewesen sein. In einem Observationsprotokoll war zu lesen, dass „…Herr L. seine Freizeit sinnvoll…“ verbringt. Ich schreibe Theaterstücke. Und ich frage mich: Ist das sinnvoll? Ich denke ja. So ernst einem das Leben auch mitspielen kann. – Es ist nicht nur wichtig, Menschen zum Nachdenken zu bewegen. Es muss auch Menschen geben, die die Leute am Ende eines Tages wieder zum Lachen bringen. Ich finde das sinnvoll. Berlin ist schön.

 

 

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