Das gute Gefühl

Es ist nicht einfach. Es ist nicht einfach nach einer derart langen Zeit, also nach mehr als zweieinhalb Jahren den Theaterfreunden wieder einen Grund zu geben, oder besser: darzubieten, wieder in`s Theater zu gehen. Und so hat Steffi Ehrentraut nun nicht nur als Regisseurin des Theaterkreises Degersen e. V. (bei Hannover) alle Register gezogen. Wirklich alle Register! Denn auch finanziell ist sie zusammen mit „Ihrem“ Gert Ehrentraut in die Bresche gesprungen, als Corona einfach keine Aufführungen mehr möglich machte, die Eintrittsgelder ausblieben aber die Kosten stetig weiter zu begleichen waren, insbesondere die Mietkosten für die Location zum Proben und für die Aufführungen. Und wir sprechen hier von einer Amateurtheatergruppe, also von Menschen, die ihr Herzblut hineinlegen in diese längst zur Institution gewordenen (Theater-) Einrichtung. Von Menschen also, die all das neben Ihrer Arbeit, Ihrer Familie und all das, was sonst noch so nebenher zu stemmen ist, leisten. Erwähnenswert finde ich diesen Einsatz, weil er besonders ist. Weil ich so etwas noch nicht erlebt habe, wie jemand auf diese Weise einfach mal seine private Schatulle öffnet, um sich damit derart außergewöhnlich in den Dienst der Sache zu stellen. Es ist erwähnenswert, weil es wichtig ist, es zu erwähnen. Weil das wirklich eine Erwähnung – wert – ist! Denn die Zeiten werden nicht leichter, und zu diesem Zeitpunkt war ja noch gar nicht klar, wie lange diese Pandemie seine Auswirkungen auf das öffentliche Leben versprüht. Konsequent also, dass ich das als „Schreiber“ der Komödie einfach mal auf der Bühne erwähnen, einfach mal wertschätzen und kundtun musste. Um vielleicht auch mal wach zu rütteln, was für Menschen wir da unter uns haben. Und dass sie es verdienen, ihnen ihre Anerkennung zu zeigen. Denn das ist wichtig! Es ist wichtig, dass wir einander sehen, hören, einander wertschätzen und das auch zeigen! Das ist das, was es uns wert sein sollte, zurück zu geben. Zu zeigen: Das, was Du da für uns alle gemacht hast ist nicht selbstverständlich, wir sehen das, und das ist einzigartig. Danke!“

Auch das, auch solche Erfahrungen machen das Leben aus. Und die eindrucksvolle Zustimmung des Publikums sollte mich an diesem Tag in dieser Meinung bestärken.

Aber nun zur Aufführung: „Resturlaub im Ladyhort“ zeigt Wotan, der im fortgeschrittenen Alter von seiner Frau verlassen wird. Und seinem Sohn Maurice kommt nun die ehrenvolle Aufgabe zu, ihn unterzubringen. Und das geschieht in einer Wohnetage, die er zusammen mit Elke, Emily und Ella bewohnt. Elke peppt ihre Rente mit der Teilnahme an Pharmastudien auf, bei der sie Medikamente an sich testen lässt, die gänzlich unbekümmerte Emily zeigt sich dagegen gern lasziv, und Ella entspring einer Hippie-Kommune aus den 70ern und das merkt man auch. Als Wotan`s Frau Sylvia merkt, dass es dem anfangs abgeschreckten Wotan scheinbar besser geht als ihr, will sie ihn zurück. Allerdings möglichst ohne selbst ihr Gesicht zu verlieren. Wie das geht oder auch nicht geht, zeigen die Geschehnisse in dieser inzwischen erfolgreichen Bestseller – Komödie (Plausus-Verlag).

Und die hab ich gefeiert. Schon beim Griff in den Schrank hatte ich Bock auf einen feinen Zwirn, obwohl mich mein Weg ja gar nicht in die Oper führen sollte. Aber dann war da einfach dieses Gefühl, mal etwas zurück gewonnen zu haben. Mal wieder zu lachen und zwar mit Menschen über Menschen, die genau dazu angetreten sind. Ich musste nur ungefähr eine halbe Stunde lang fahren, und schon war ich da. Und dann dieser Empfang. Mein weiß nicht, darf man sich umarmen, darf man nicht? Das Meisste passiert einfach aus dem Bauch heraus, und gerade deshalb ist es schön. Wir haben uns lange nicht gesehen, aber es wirkt vertraut, unkompliziert. Manches zaubert mir ein Lächeln in`s Gesicht, wenn es heißt „Kommst du mit raus, eine Rauchen?“ – „Ich rauche nicht.“ – „Nee, du nicht, aber ich.“

Dann irgendwann geht der Vorhang auf.

Es geht alles wieder. Es war und ist nicht einfach. Aber die Gute Nachricht ist: Es geht! Und wie! Eine rundum reife Leistung.

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