Status: „Schreibt…“.

Kennt Ihr diese Leute? Diese Leute, die kaum etwas essen können, ohne es vorher im Satus veröffentlicht oder auf Instagram gepostet zu haben (aber nur, wenn es gut rüberkommt und bitte schön „geil“ aussieht)? Ich meine jetzt nicht die Promis, die „vierundzwanzig sieben“ damit beschäftigt sind zu posten, wie toll ihr Leben ist, und dass sie nach der Scheidung wie losgelöst ihr Patchwork-Leben frei von jeglichen Kollateralschäden der Kinder genießen. Ich meine die, die dem Social Media – Wettstreit ebenso erliegen und fortan im Wahn des ewig den jeweils anderen Übertrumpfenden leben. Genuss ja, aber erstmal Foto. Dann Video. Dann „Teilen“. Mit anderen. Aber was teilt man da überhaupt? Erlebnisse? Man selbst hat Erlebnisse, es reicht aber längst nicht mehr, sie einfach nur für sich zu genießen. Man lässt auch andere in dem Sinne nicht teilhaben, denn die sind ja gar nicht da. Die Bilder oder Videos sollen sagen: „…“ . – Ja was eigentlich? Was sagen Bilder einer Familie irgendwo an der Nordsee in`s richtige Licht gesetzt, bei denen man genau weiß: Die Kinder hatten null Bock auf die Pampa da irgendwo an der Nordsee (weiß ich übrigens von welchen, die das von Snap Chat wissen, was wiederum die Eltern nicht wissen).

Jede und jeder hat von diesen Leuten eine oder einen davon im Bekanntenkreis. – Jeder! Einen. Mindestens! Wetten? Wir jedenfalls haben eine davon. Ich nenne sie jetzt einfach mal „Mareike“. Zu der Frage, warum man denn mit ihr befreundet ist, wenn man sich darüber echauffiert, nur zwei Wörter: Hohe Toleranzschwelle. Mareike lebt ihr Leben in einem aus der Kindheit anerzogenen Wettbewerb. Ob die Kinder beim Sport Spaß haben? Nebensache. Was zählt ist das Ergebnis. „Nicht mal Bronze? War wohl nicht so toll“. Auf meine Frage, ob es der Tochter Spaß gemacht hat folgt ein „Doch. Schon. Klar.“. Mareike verklappt ihre Kinder seit der Geburt beim Kindermädchen, hat eigentlich noch nie über einen längeren Zeitraum intensiv etwas mit ihren Kindern selbst unternommen oder sich Zeit genommen, den Kindern zuzuhören und zusammen an Lösungen zu arbeiten, zusammen initiativ zu sein und wundert sich heute, dass mindestens eines der Kinder definitiv nicht mit ihr in den Urlaub will. Aber an Mareike liegt`s nicht. Klar. Das brachte uns zu der gesellschaftlich interessanten Korrelation zwischen dem zusammen etwas unternehmen, eigentlich zusammen Spaß haben zu können, für vieles die Ressourcen zu haben und dennoch wenig voneinander zu wissen. Einander wenig zuzuhören. Aber dennoch das Gefühl zu haben, nie das korrekte Bild hinter einer offenkundig um Perfektion bemühten Fassade zu sehen zu bekommen. So entstand schließlich die gesellschaftskritische Komödie „Der Spieleabend“. Eine Klicke von sechs Freunden (drei Männer, drei Frauen) treffen sich inmitten der Düsseldorfer Altstadt in einer Dachgeschosswohnung, und es verspricht, ein vergnüglicher Abend zu werden. Wie immer. Als allerdings ein eigenwilliges Spiel auf den Tisch kommt, bemerken alle sechs, dass die Grenzen zwischen Diskussionswettstreit und Freundschaft mehr und mehr verwischen. So wird voneinander zu kennen geglaubtes scheinbar obsolet und im Laufe des Abends kommt es mehr und mehr zur Eskalation. Ein Spiel, das uns zu völliger Offenheit zwingt. Zur Offenlegung von Standpunkten. Auch von Standpunkten zum Lebensentwurf des jeweils anderen. Wie sachlich reden wir miteinander? Können wir miteinander reden, unterschiedliche Standpunkte austauschen und uns trotzdem noch eine gemischte Vorspeisenplatte beim Italiener miteinander teilen? Und was hat das mit unserem „Social Media – Gedöns“ zu tun? Nun, wir reden miteinander. Es geht um Austausch. Nicht um übertrumpfen. Es geht darum, zuzuhören, nicht nur zu reden. Es geht darum, zu akzeptieren, nicht sauer zu sein. Und es geht darum, mehr voneinander kennen zu lernen. Einander wertzuschätzen. Auch danach noch. Es geht darum, etwas miteinander zu teilen! Und zwar mehr, als irgendwelche Bilder und Videos. Gefolgt vom Messenger, der uns unter „Mareike“ auf dem Handy anzeigt: „Schreibt…“.

 

Kategorie: Allgemein