Platt kann wat ! – Ein Dank an die „Börner Speeldeel“.

Es ist nicht nur eine Mundart, es ist auch mehr als eine Sprache. Als Dorfkind aus dem Bremer,  genauer gesagt, dem Verdener Umland habe ich schon früh miterleben dürfen, wie sich die Menschen nicht nur einfach miteinander auf „platt“ unterhalten. Als kleiner Junge hat mir die plattdeutsche Sprache ein heimisches Gefühl, eine Zugehörigkeit vermittelt, obwohl ich mich selbst nie getraut habe, plattdeutsch zu sprechen. Es muss aber etwas ausgelöst haben, und ich denke, es ist die tiefe Verwurzelung mit der norddeutschen Kultur. Platt snacken schafft sofort ein Gefühl von Zuhause, Vertrautheit und Zusammenhalt. Egal ob auf dem Dorf oder in der Stadt. Platt spricht man klar, geradeheraus und ohne Schnörkel.  Aber immer mit Herz! Für mich ist es eine Sprache der Ehrlichkeit und des gesunden Menschenverstands. Vielleicht ist plattdeutsch für mich auch deshalb  ein bisschen Teil eines Charakters. Plattdeutsch hat seinen ganz eigenen, trockenen Humor. Die Sprache bringt ihren eigenen Witz mit einem Augenzwinkern. Kurz, knackig und herrlich bodenständig. Und es bleibt zu hoffen, dass Platt eben gerade nicht zum Schatz aus der Vergangenheit wird, der heute noch lebt. Umso erfrischender ist es, wenn eine Theatergruppe wie die Börner Speeldeel sich eine Komödie wie „Die Satansweiber“ zu eigen macht und als plattdeutsche Fassung „De Satanswiever“ auf die Bühne bringt. Es ist ein Beispiel von vielen  plattdeutscher Bühnen, die im Land die Vielfalt der Sprache am Leben halten. Und Plattdeutsch – Liebhabern einen gelungenen Anlass geben, mal wieder zusammen zu kommen. Ein ganz besonderer Dank gilt deshalb auch den Übersetzerinnen und Übersetzern, die meine Stücke auch auf plattdeutsch so gekonnt in Szene setzen. – Und natürlichem dem Plausus-Verlag, der all das anschiebt. Es gibt im Plattdeutschen kein „Sie“. Man duzt sich. Und es gibt Wörter, die lassen das Gesprochene als Schimpfen klingen, ohne wirklich Schimpfwort zu sein. Es sind Wörter wie Tüdelmors, Dösbaddel, Blagen, Tüdelbüdel, Snackbüdel, Bregenklöterich, Klüterbüx, Wippsteert, Fisimatentenmaker ebenso wie Sätze, die man in hochdeutscher Sprache einfach nie hören würde. Man beleidigt sich nicht. Man geigt sich einfach die Meinung und kann sich einen Tag später noch in die Augen sehen. Vielleicht bei einem gepflegten „Lütt un Lütt“.  Was lernen wir daraus?  Wir lernen, dass es um mehr geht, als um Sprache. Gerade in Zeiten wie diesen geht darum, anderer Meinung zu sein, den anderen auf einem Irrweg zu glauben, meinetwegen auch mal schroff zu werden, aber den anderen dabei immer als Mensch zu respektieren! Und ja: Das klingt nicht immer so bei ersten Hören. Aber man erkennt sie, die Genzen, die nicht überschritten werden. Weil die Wortwahl durch das limitierte Repertoire plattdeutscher Kraftausdrücke limitiert ist. Gut so. Denn viele plattdeutsche Begriffe stammen direkt aus dem Leben auf dem Land, vom Wasser, vom Wetter. Platt verbindet mit der Natur und mit alten Traditionen. Wer Platt spricht, zeigt: „Ich weiß, wo ich herkomme.“ Für mich steht das aber auch für „Ich will auch gar nicht mehr sein. Wir kennen uns lange genug.“ Es ist einfach. Schön. Der Klang ist weich, warm und angenehm. Entschuldigt meinen kitschigen Lokalkolorit, aber es klingt auch ein bisschen wie ein norddeutscher Sonnenuntergang mit Möwengeschrei. Was ich schön finde: Immer mehr Menschen entdecken Platt wieder – in Musik, Podcasts, Theater, YouTube und in Schulen. Die Sprache ist nicht ausgestorben. Platt hat Zukunft! Und auch plattdeutsche Bühnen wie die Börner Speeldeel haben Zukunft, da bin ich sicher. Denn ihr tragt nicht nur zum Erhalt der plattdeutschen Sprache bei, Ihr zeigt auch eindrucksvoll, wie die plattdeutsche Sprache einem Stück seine eigene Handschrift verleiht. Es zeigt, wie Plattdeutsches einen eigenen Humor erzeugt, wie die plattdeutsche Sprache eine Komödie anreichert und die Menschen bereichert. Man kommt in den Pausen zusammen, snackt, genießt und lebt zusammen. Es erhält dieses warme Gefühl der Verbundenheit. Platt kann wat!  Vielen Dank dafür heute einmal ganz besonders der Börner Speeldeel! Euer Bernd Spehling

Kategorie: Allgemein