Naturtheater Renningen – Das Freilichttheater mit eigener Handschrift

Besonders. Zweifellos. Die Romanvorlage und dessen Verfilmung von „Der schwarze Abt“  (Edgar Wallace) zählt wohl zu den Wallace – Stoffen mit komplexer daherkommender Handlung. Auch deshalb war der Respekt bei mir als „Theaterschreiber“ groß, für dieses Werk eine Theateradaption in Angriff zu nehmen. Geht es doch schließlich darum, dennoch jede und jeden im Publikum mitzunehmen nach Fossaway, dem Anwesen, in dem es angeblich einen von einem schwarzen Abt bewachten Goldschatz geben soll. Denn es mischen sich in diese Geschehnisse Intrigen, Verwicklungen und Verdächtigungen, die es für das Publikum möglichst schnell erfassbar zu machen gilt. Unser Besuch in Renningen mit seinem zweifellos brilliant agierenden, inszenierenden und gestaltenden Naturtheater war daher zugleich auch die Überprüfung der eigenen Idee, eine Besuchergruppe in das Geschehen und damit immer wieder einen spannenden Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit einzubauen.

Dass dies gelungen ist, konnte ich tatsächlich erst einen Tag später resümieren, denn für`s Erste war ich beeindruckt von der Bühne, der Aufmachung, der Kostüme und der zweifellos eigenen Handschrift mitsamt kleiner abweichender Besetzungen und spielerisch eigener Lösungen von Bühnensituationen. Mönche stimmen nicht nur zu Beginn mit ihren Fackeln auf etwas ganz besonderes ein. – Sie sind auch Teil des originellen Verschwindenlassens der Leichen, was vom Publikum jedes Mal dankbar honoriert wird. Bemerkenswert bleibt auch so manche Idee, mit der die Bühne die Möglichkeiten des Freilichttheaters nutzt und die Inszenierung damit zusätzlich unterhaltsam bereichert. So zaubert eine Mary Wenner, die in stilvoller Haltung  auf einem Moped daherkommt, dem Publikum ein Lächeln in`s Gesicht. Imposant auch der Zusammensturz der Decke in einer Höhle der Abtei, der von Rauch begleitet nur einen von gleich mehreren Schlussakkorden setzt. Was mich zusätzlich freut ist, dass die Darstellerinnen und Darsteller in Rollen überzeugen, die nicht dem klassischen Geschlechterklischee folgen. Eine Butlerin, im Original vergeblich zu finden, zeigt, dass sie in Gestik und Mimik so überzeugend spielt, dass das Original gedanklich in den Hintergrund tritt. Sehr erfrischend, und da war sie wieder, die eigene Handschrift.

Zwei Polizisten, die nicht als Bobbys daherkommen und auch nicht daherkommen müssen, um zu brillieren, zeigen mir: Auch das funktioniert. Auch sie waren zweifellos ein Running Gag, und jeder ihrer Auftritte ließ die Vorfreude auf allerhand Lustiges, das gleich passieren sollte, steigen. Es wäre noch vieles zu nennen, aber schon das hat zusammen mit dem beeindruckenden Bühnenbau, dem Technik-Team, dem Service-Team, dem Bühnenbau-Team und all den kreativen, fleißigen Händen, die all das mitsamt der Kostüme und der Maske möglich gemacht haben, verdient Respekt und Anerkennung. Und dann wäre noch Jürgen von Bülow zu nennen, der mit seiner Regiearbeit zusammen mit allen Mitwirkenden zweifellos eine geniale Arbeit abgeliefert hat, und „abgeliefert“ ist im besten Sinne zu verstehen. Denn meine Wertschätzung hat ihren Ursprung sicher auch in der Tatsache, dass all das zusammengeführt und die Umsetzung in Szene gesetzt werden will. Das gelingt nur, wenn, wie hier spürbar, alle an einem Strang ziehen. Wenn auch deutlich kommuniziert wird, wie das Ergebnis am Ende aussehen soll. Und wenn alle auf dem Weg dorthin mitgenommen werden. Auch das ist gelungen. Auch das verdient Respekt. Mein geschärfter Blick für diese Leistung fußt sicher auch in der Tatsache, dass die Umsetzung auf der Bühne mehr vom Teamspiel geprägt ist, als das Schreiben. Letzteres ist zudem überall möglich und zu fast jeder Zeit.

Noch beeindruckender ist schließlich auch der Umstand, dass auf dieser Bühne auch noch parallel ein Familienstück „Alice im Wunderland“ inszeniert wird und die Akteure zeitweise auch noch auf zwei Hochzeiten gleichzeitig tanzen. All das wird gleistet neben Beruf, Familie und so manch privater Anforderung, die auch noch gestemmt werden will. Mein ebenso einfaches wie einleuchtendes Motto „Man macht immer das besonders gut, was man gern macht“ greift auch hier. Es bleibt beeindruckend, und es lohnt ein Besuch im Naturtheater Renningen, das den Weg aus der Nähe von Hannover mit der improvisationsoriginellen Bahn bis hierher vergessen macht. Es war besonders. Zweifellos. Danke! Euer Bernd Spehling

 

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